Dezember 2016 // Kurz vor Weihnachten starteten wir für gut drei Wochen nach Myanmar. Dieser Staat in Südost-Asien ist ebenfalls bekannt unter dem Namen Birma oder Burma. Der offizielle Begriff "Republik der Union Myanmar" wurde von der bis 2011 herrschenden Militärregierung ohne die Zustimmung des Volkes eingeführt, weshalb sich einige Staaten bis heute weigern, diesen Begriff zu verwenden. Den Menschen vor Ort scheint das überwiegend egal zu sein, weshalb es auch in diesem Bericht keine Rolle spielen soll.
Aufgrund der politischen Öffnung und der erst beginnenden Demokratisierung des Landes erhofften wir uns, Asien hier in einer sehr ursprünglichen Form zu erleben. Diese Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Gerade in abgelegeneren Gegenden ist man als Europäer auch heute noch ein gefragtes Fotomotiv und die Myanmaren begegnen einem sehr offen und hilfsbereit. An den touristischen Hotspots lässt sich aber auch erahnen, dass das nicht mehr endlos lange so weitergehen wird. Myanmar rüstet auf und die Menschen erkennen, dass sich mit Tourismus Geld verdienen lässt.
Unsere Tour führte uns von Yangon in Richtung Norden an den Inle-See, Mandalay und Bagan. Den Abschluss machten wir im Süden an der Küste von Dawei.
Yangon (oder auch Rangun) ist mit über 5 Millionen Einwohnern die größte Stadt, wenngleich nach der vollständigen Verlegung des Regierungssitzes nach Nypyidaw nicht mehr Hauptstadt des Landes. Yangon ist das wirtschaftliche Zentrum Myanmars. Auf den Straßen spielt sich das Leben ab. Im Trubel des Verkehrs finden sich Tausende von kleinen Läden, Teestuben und Garküchen. Bei einem Spaziergang durch die Innenstadt verschafft man sich so sehr schnell einen guten Überblick über das Alltagsleben der Bewohner.
Neben einigen Kolonialbauten in der Innenstadt bleibt die kulturelle Vielfalt Yangons eher überschaubar. Mit einer Ausnahme: die gewaltige Shwedagon-Pagode. Dieser Sakralbau ist das religiöse Zentrum Myanmars und gilt als das Wahrzeichen des Landes und der Stadt. Auf der 60.000 Quadratmeter großen Plattform mit unzähligen Gebetsräumen, Stupas und Statuen tummeln sich Einheimische, Pilger, Mönche und Touristen. Besonders in den Morgenstunden herrscht dort eine sehr besondere und entspannte Stimmung, wenn sich beim Sonnenaufgang die ersten Menschen zum Beten an einer der Buddha-Statuen einfinden und ihre Blumenspenden ablegen. Man kann dort problemlos mehrere Stunden verbringen, wenn man die Szene einfach auf sich wirken lässt und man sich in eine ruhige Ecke zurückzieht, um das Treiben zu beobachten.
Der Inle-See liegt eine zwölfstündige Busfahrt nördlich von Yangon. Auf dem See und um den See herum leben insgesamt 70.000 Menschen. Die Häuser auf dem See sind auf Pfählen gebaut; innerhalb der Siedlungen bewegt man sich über Stege oder mit dem Boot, das hier ganz selbstverständlich vor der Haustür geparkt ist. Gleichzeitig dient der See zur Körperhygiene, zum Wäschewaschen oder zum Geschirrspülen. Bei einer Fahrt über den See bekommt man so viel vom Leben der Menschen mit. Die Seebewohner nutzen den Besuch, um ihr Handwerk anzubieten. Beliebte Mitbringsel sind Webartikel, Schnitzereien oder die typischen Zigaretten "Cheroots". All diese Dinge werden direkt auf dem See hergestellt und verkauft.
Auf dem See bewegt man sich am Besten mit dem Boot. In einer Agentur vor Ort haben wir für uns einen ganztägigen Ausflug gebucht. Bereits vor Sonnenaufgang machten wir uns auf den Weg und besuchten neben Handwerkern und Märkten auch einige Tempel und Pagoden. Im Hinterland waren wir einen Tag lang mit einem Guide unterwegs, der uns die Umgebung und die kleinen Siedlungen in den Hügeln zeigte. Gerade zum Wandern bietet die Gegend jedoch noch deutlich ausgiebigere Optionen.
Auch zwei sehr typische kulturelle Entwicklungen hängen unmittelbar mit dem See zusammen. Der Anbau von Lebensmitteln findet überwiegend in sogenannten Floating Gardens statt. In den "schwimmenden Gärten" werden auf einem Teppich von Seerosen hauptsächlich Tomaten angebaut. Ein weiterer traditioneller Wirtschaftszweig ist die Fischerei, in der insbesondere die sogenannten Einbeinruderer über die Landesgrentzen hinaus bekannt sind. In einem echten Balanceakt stehen die Fischer auf einem Bein auf der schmalen Spitze ihres Boots, während sie ihre Netze auswerfen und zugleich mit ihrem Ruder manövrieren, das sie zwischen Arm und Beine geklemmt haben.
Mandalay liegt im Zentrum Myanmars an einer Biegung des Ayeyarwadi-Flusses. Hier leben über anderthalb Millionen Menschen und machen Mandalay damit zur zweitgrößten Stadt im Land. Bekannt ist Mandalay besonders für sein Handwerk und man bekommt den Eindruck, als wäre jede goldene Stupa-Spitze und jede Buddha-Statue des Landes hier gefertigt worden. Einen guten Eindruck davon bekommt man, wenn man sich mit dem Roller oder mit einem Taxifahrer auf Erkundungstour begibt.
Wie überall in Myanmar gibt es natürlich auch in Mandalay einige Pagoden und andere buddhistische Anlagen. Mittlerweile hatte sich auf unserer Reise eine gewisse "Pagodensparsamkeit" eingestellt und wir beschränkten uns auf die Highlights. Der Königspalast ist sicherlich sehenswert, wenn auch nicht ganz so spannend wie erhofft. Auf dem weitreichenden Gelände der Kuthodaw-Pagode befinden sich in 729 Tempeln ebenso viele Marmorplatten, auf denen das Leben und die Lehren Buddhas festgehalten sind. Es würde Jahre dauern, alle Texte dieses größten Buchs der Welt zu lesen. Ebenfalls rekordverdächtig ist die U Bein-Brücke als längste Teakholzbrücke der Welt, die Reihe mit 45 baugleichen Buddha-Statuen in der U Min Thonze-Pagode und die Buddha-Statue in der Mahamuni-Pagode, die ca. 15cm dick mit Blattgold beklebt ist. Diese Mengen an Blattgold, die dafür hier und im ganzen Land benötigt werden, werden ebenfalls in Mandalay von den sogenannten Goldschlägern in mühevoller Handarbeit hergestellt.
Ein paar Impressionen habe ich während einer Roller-Tour durch die Stadt mit der Kamera eingefangen.
Von Mandalay legten wir gegen 6.00 Uhr morgens mit dem Schiff auf dem Ayeyarwadi in Richtung Bagan ab. Die Fahrt mit dem Schiff ist genauso lang wie eine Busfahrt (ca. neun Stunden), dafür aber erheblich teurer. Die Aussicht ans Ufer entschädigt leider auch nicht für den Aufpreis, denn die umliegende Landschaft ist doch eher eintönig. Immerhin konnten wir uns auf der Gewissheit ausruhen, dass die Fahrt weit weniger holprig war, als mit dem Bus. Immerhin.
In der steppenähnlichen Landschaft um Bagan findet man über 2.000 Sakralgebäude aus Ziegelsteinen. Diese Menge bildet von verschiedenen Aussichtspunkten aus eine faszinierende Kulisse - insbesondere während des Sonnenaufgangs und des Sonnenuntergangs. Zwar sind einzelne Bauten auch alleinstehend einen Besuch Wert, die eigentliche Attraktion ergibt sich aber durch deren Vielzahl.
Wenn man bereit ist, das nötige Kleingeld zu investieren, ist eine Ballonfahrt bei Sonnenaufgang sicherlich ein unvergessliches Erlebnis. Wenn es bewölkt ist, macht es natürlich nicht mehr so viel Spaß. Alternativ dazu ist es bei vielen Gebäuden möglich, auf deren Stufen oder auf eine Aussichtsplattform hinaufzusteigen. Von dort aus lässt sich die Szene auch sehr gut beobachten. Empfehlenswert ist es aber auf jeden Fall, frühzeitig vor Ort zu sein. Die guten Plätze sind natürlich sehr begehrt und Bagan bei Sonnenaufgang ist offensichtlich schon lange kein Geheimtipp mehr.
Die Tage verbringt man am Besten, indem man mit Elektroroller oder Fahrrad die Gegend erkundet. Angesichts der Temperaturen fiel die Wahl nicht besonders schwer. Und solange man sich nicht - wie erlebt und vielfach beobachtet - mit der Akkulaufzeit verschätzt, ist die Rollervariante auch deutlich entspannter.
Dawei liegt im Süden Myanmars an der Mündung des gleichnamigen Flusses in die Andamanensee. Das Gebiet ist touristisch nur sehr sporadisch erschlossen. Über den Landweg ist die Region auch erst seit wenigen Jahren überhaupt erreichbar. Das geeignetste Fortbewegungsmittel sind Mopeds oder Roller, die man in diversen Agenturen vor Ort mieten kann. Sehr gute Erfahrungen machten wir mit der Agentur Dawei Panorama Tours, die uns auch bei anderen Touren sehr kompetent unterstützt haben.
Nach einer Nacht in Dawei machten wir uns mit dem Roller auf den Weg in Richtung Süden. Dort hatten wir uns für eine Nacht ein Bungalow am Sinhtauk Beach gebucht. Zusammen mit nur einer Hand voll weiterer Reisender teilten wir uns einen der völlig verlassenen Sandstrände dieser Gegend. Den traumhaften Ausblick mussten wir uns mit einer mehrstündigen Anreise über unwegsame Schotterstraßen und einem halbstündigen Fußmarsch durch einen teilweise überfluteten Mangrovenwald aber auch erst redlich verdienen.
Auch den verbleibenden Tag in Dawei nutzten wir, um die Küstenregion mit dem Roller zu erkunden. Unser Weg führte uns zu kleinen Firscherdörfern und weiteren endlosen Stränden.
Nach einigen Tagen in Zentralmyanmar war dieser Abstecher in den Süden eine echte Bereicherung und ein gelungener Abschluss, bevor wir nach Thailand weiterziehen sollten. Als Europäer ist man hier noch ein absoluter Exot, die Kinder winken und rufen einem im Vorbeifahren vom Straßenrand zu und man hat den Eindruck, hier an einem wirklich abgelegenen Flecken gelandet zu sein. Angesichts der Traumstrände und des stark forcierten Ausbaus der Straßen, darf man jedoch gespannt sein, wie es hier in einigen Jahren aussehen wird.
Das abenteuerlichste am Bangkok-Kapitel war bereits die Anfahrt. In einem handelsüblichen Toyota-Kombi machten wir uns mit elf (!) Personen auf den sechsstündigen (!) Weg über hügelige Schotterpisten zur thailändischen Grenze. Nachdem der Fahrer nach einer Stunde Fahrt bereits zum zweiten mal einen Reifen wechselte, stellte sich bald heraus, dass die fünf Einheimischen im Kofferraum zu Reisekrankheit neigen. Die Familienpackung Plastiktüten fand guten Zuspruch. Nach einer Pause, in der die Herren vom Kofferraum ihre leeren Mägen mit Energydrinks wieder auffüllten, begann das Spiel von vorne. Beim Schreiben glaube ich, diesen Geruch wieder in der Nase zu haben. Nach den Einreiseformalitäten fuhren wir mit dem Bus nach Kanchanaburi und danach weiter nach Bangkok. Erholung geht anders.
Wir hatten uns vor der Reise mit Myanmar beschäftigt, allerdings kein bisschen mit Bangkok. Das hatte zur Folge, dass wir gleich nach Ankunft auf die erstbeste Touri-Masche hereingefallen sind und uns von einem Tuktuk-Fahrer zu mehrere dubiosen Läden fahren ließen, die aufgrund eines erfundenen Feiertags nur heute zu besonders günstigen Preisen maßgeschneiderte Anzüge verkaufen wollten. Spätestens nach dem vierten Anlauf hatten wir die Prozedur durchschaut. Wir sind ja schließlich nicht blöd. Als wir das dem Fahrer mitgeteilt hatten, brachte er uns noch zur nächsten (echten) Sehenswürdigkeit, holte uns aber nicht mehr ab. War vielleicht auch besser so. Nächste Station nach unserer "Shopping-Tour" war dann die Khaosan Road, die wohl bekannteste Ausgehmeile für Touristen aus Europa. Mit den Eindrücken aus Myanmar im Hinterkopf erlebten wir hier unseren ersten Kulturschock der Reise. Die Häufung an Tribal-Tattoos, Sonnenbränden, Gürteltaschen, Vollpfostenantennen und sogar einem Böhse Onkelz-T-Shirt ließ keinen Zweifel daran, dass Bangkok als exotisches Reiseziel offensichtlich ausgedient hat.
Es gibt natürlich durchaus viele interessante Dinge zu sehen, die aufgrund der Hauptreisezeit aber auch gut besucht waren. Wegen der anhaltenden Staatstrauer aufgrund des Todes des beliebten Königs Bhumibol konnte man sich auch im Königspalast nicht über mangelnde Besucher beklagen. Die eigentliche Attraktion - neben dem durchaus sehenswerten Palast - waren aber vielmehr die Tausende von Menschen, die aus dem ganzen Land anreisten und in Schwarz gekleidet viele Stunden ausharrten, um sich an seiner Urne von ihrem König zu verabschieden.
Fazit: Vielleicht hatten wir Bangkok auf dem falschen Fuß erwischt. Vielleicht waren wir auch selbst ein bisschen mit Schuld daran. Die Stadt bietet aber in jedem Fall genug, um hier ein paar nette Tage zu verbringen, sofern man die Fallstricke umgeht und sich darüber bewusst ist, dass man hier mit Touristen durchaus Geld zu verdienen weiß.