Island

Mai 2021 // Nach einem Corona-Sommer 2020 in Frankreich und einem langen Winter voller unterschiedlich harter Lockdowns nutzten wir die erste Gelegenheit, wieder etwas von der Welt zu sehen. Schon in den Monaten zuvor hatten wir ein Ziel ins Auge gefasst, von dem wir uns aufgrund seiner Insellage und seiner dünnen Besiedelung versprochen hatten, dass dort schon bald wieder eine Einreise möglich sein könnte. Kurz gesagt: Es ging tatsächlich nach Island.

Wir hatten zwölf Tage Zeit, ohne An- und Abreise effektiv eigentlich sogar nur zehn Tage. Wir haben deshalb ein wenig hin und her überlegt, ob wir uns in dieser Zeit die Ringstraße zumuten möchten. Die Ringstraße ist vielleicht der bekannteste Roadtrip der Welt und führt - bis auf die Nord- und Westfjorde sowie die Halbinsel Snæfellsnes - auf 1332km einmal um die komplette Insel herum. Um jedoch nicht täglich die Koffer packen zu müssen, entschieden wir uns dafür, den Norden und den Osten auszuklammern und stattdessen von drei Stationen im Süden und im Westen aus die Insel zu erkunden.

Unsere erste Unterkunft bezogen wir in Vík í Mýrdal, knapp drei Stunden Autofahrt vom Flughafen Keflavik entfernt.


Der Süden und der Südosten

Vík í Mýrdal liegt ziemlich zentral im Süden der Insel. Das kleine Städtchen ist mit seinen 450 Einwohner/innen so etwas wie die größte Metropole der Region. Nach der ersten Nacht - im Mai natürlich bei strahlender Mitternachtssonne - starteten wir unseren ersten Ausflug ins Hinterland.

Þórsmörk, Eyjaffjallajökull, Nauthúsagil, Seljalandsfoss, Reynisfjara

Es ging in die Þórsmörk, eine unbesiedelte Gegend, die von drei Gletschern und mehreren Vulkanen umgeben ist. Unter anderem auch von einem, der im Jahr 2010 weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Der Eyjafjallajökull (dt. Eyjafjalla-Gletscher) ist mit einer Höhe von 1.651m einer der größten Gletscher Islands. Die Staubmassen, die beim Ausbruch den weltweiten Flugverkehr stark einschränkten, durchziehen heute noch die Eisschichten, die sich in der Þorsmörk ins Tal schieben.

Der Ausflug auf der Piste F249 war zugleich ein Vorgeschmack darauf, weshalb für die Fahrten abseits der gut ausgebauten Hauptstraßen ein Allradfahrzeug nicht nur empfohlen, sondern in vielen Fällen auch vorgeschrieben ist. Nachdem wir nämlich die ersten drei Flüsse noch mit wachsender Aufregung und steigender Wassertiefe durchquert hatten, haben wir vor dem vierten kapituliert. Zurück in der Nähe der Ringstraße gönnten wir unserem geschundenen Suzuki Vitara deshalb erst einmal eine Pause und es ging zu Fuß weiter in eine enge Schlucht zum Nauthúsagil Wasserfall. Im Vergleich zu vielen anderen Wasserfällen in Island bekommt man diesen jedoch nicht auf dem Präsentierteller serviert. Man muss sich zuerst auf einem kurzen aber mühsamen Weg durch die Schlucht arbeiten, immer mit der beruhigenden Gewissheit, dass im Auto noch ein Paar trockene Schuhe bereitliegen. Die Mühe ist es aber auf jeden Fall wert.

Wenn man länger in dieser Gegend verweilen möchte, finden sich noch eine ganze Reihe weiterer Wasserfälle, die vom Gletscherschild des Eyjafjallajökull gespeist werden. Mindestens einer davon sollte auf Eurer Reise aber nicht fehlen: der Seljalandsfoss. Dieser Wasserfall gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Landes und je näher man kommt, desto besser kann man das auch nachvollziehen.  

Der Fluss Seljalandsá stürzt hier fast 70m über die ehemalige Küstenlinie in die Ebene des Markarfljót. Da man den Wasserfall komplett und nahezu trocken umrunden kann, ist das Bild mit der Ebene im Hintergrund vielleicht auch eines der bekanntesten Fotomotive Islands.

Um den Tag angemessen abzuschließen, machten wir uns nach dem Abendessen noch einmal auf den Weg von Vík zum nahegelegenen Reynisfjara. Der Strand ist aus verschiedenen Gründen einer der schönsten der Welt: wegen seiner schwarzen Färbung, wegen des Panoramas mit den Felsspitzen Reynisdrangar und der Halbinsel Dyrhólaey, wegen der gewaltigen Felsformationen oder wegen der Papageientaucher, die man hier am Abend beobachten kann.

Alleine die Eindrücke dieses ersten Tages waren absolut überwältigend. Und noch hatten wir zehn Tage vor uns.

Fjallsárlón, Jökulsárlón, Skaftafell

Von Vík aus fuhren wir fast 200km zum östlichsten Punkt unserer Reise, an die Südseite des Vatnajökull. Der Vatnajökull ist ein Gebirgsmassiv, das auf einer Fläche von 8.100km² von Gletschern bedeckt ist. Der höchste Gipfel ist der 2.110m hohe Hvannadalshnúkur, der als höchster Berg Islands die Südspitze des Gebirges bildet. Dementsprechend konnten wir schon von Weitem erahnen, mit welcher Naturgewalt wir es hier zu tun haben würden.

Unseren ersten Halt machten wir am Fjallsárlón. Dabei handelt es sich um einen Gletschersee, der vom gleichnamigen Gletscher (Fjallsjökull) gespeist wird. Die Eismassen brechen am Fuß des Gletschers ab und schwimmen dann als kleine Eisberge und Eisskulpturen im See herum. Der Fjallsárlón ist jedoch nicht annährend so beeindruckend wie der Jökulsárlón, der nur wenige Kilometer entfernt liegt - selbes Prinzip, nur eine ganze Nummer größer.

Wer nach den beiden Gletscherseen noch nicht genug hat, der kommt im Skaftafell Nationalpark auf seine Kosten. Dieses Schutzgebiet ist ein Teil des weitaus größeren Vatnajökull-Nationalparks, in den es 2008 eingegliedert wurde.

Vom Besucherzentrum aus lassen sich unterschiedliche Touren in den Nationalpark unternehmen. Die erste Station bildet dabei bei den meisten Besucher/innen der Svartifoss - ein Wasserfall, der insbesondere aufgrund seiner umliegenden Basaltsäulen einen imposanten Anblick bietet.

Für viele Tagesbesucher/innen ist der Svartifoss das Highlight des Nationalparks. Wer sich allerdings noch weiter vorwagen möchte, für den gibt es auch längere Wanderungen. Beliebte Ziele sind u.a. die Gletscher Skaftafellsjökull, Morsárjökull und Svínafellsjökull oder der mit 227m höchste Wasserfall Islands, der Morsárfoss. Man kann hier gut und gerne auch mehrere Tage verbringen, ohne dass es langweilig wird.

Flugzeugwrack, Skógafoss, Dyrhólaey

Unseren letzten Tag im Süden der Insel wollten wir nach den langen Autofahrten vom Vortag etwas entspannter angehen. Dafür hatten wir auf unserer Liste noch ein paar To dos in der näheren Umgebung von Vík. Erster Stopp war der Strand Sólheimasandur. Nach einem gut halbstündigen Fußweg durch eine sehr karge und flache Landschaft erreicht man die Überreste einer Douglas C-117, die dort seit vielen Jahren der Witterung ausgesetzt ist.

Am 21. November 1973 musste ein Pilot der US Navy die Maschine während eines Sturms am Strand von Sólheimasandur notlanden. Alle Besatzungsmitglieder überlebten unverletzt. Heute ist das Wrack eine der wenigen nicht-natürlichen Sehenswürdigkeiten Islands. 

Nur wenige Kilometer weiter auf der Ringstraße ist der Skógafoss schon von Weitem zu sehen. Die wahren Ausmaße dieses Wasserfalls mit einer Breite von 25m und einer Höhe von 60m werden einem aber erst bewusst, wenn man ein wenig näher rangeht. Die Geräuschkulisse und die aufgewirbelten Wassermassen sind absolut beeindruckend.

Auf der rechten Seite des Wasserfalls führt eine hohe Treppe hinauf. Von dort aus startet der bekannte Trekkingpfad Laugavegur in die Þórsmörk nach Landmannalaugar. Wenn man sich nicht auf ganz große Wanderschaft begeben möchte, lohnt es sich dennoch, ein paar Hundert Meter dem Flusslauf des Skógá zu folgen. Dort findet Ihr weitere kleine Wasserfälle.

Der abendliche Abstecher auf die Halbinsel Dyrhólaey war im wahrsten Sinne des Wortes nur von kurzer Dauer, denn einerseits ist das Gebiet ab 19.00 Uhr den dort lebenden Vögeln vorbehalten und wir waren schon recht spät dran. Andererseits war das Wetter nicht unbedingt postkartentauglich. Wenn man etwas mehr Zeit hat, ist die 115m hoch aufragende Halbinsel ein perfekter Ort für Vogelbeobachtung sowie für einen Panoramablick auf die umliegende Küste und den Reynisfjara.


Von Vík nach Stykkishólmur

Da wir uns aus Zeitgründen dagegen entschieden hatten, die ganze Ringstraße zu fahren, hatten wir bis zu unserer nächsten Station eine längere Autofahrt vor uns. Um keine Strecken doppelt zu fahren bot sich mit einem Blick auf die Landkarte eine Fahrt auf der F35 durch das Hochland an. Auf Google Maps auf der heimischen Couch sah das auch noch ganz gut aus. Die Idee haben wir jedoch einstimmig verworfen, nachdem wir uns nur ein paar Minuten mit den isländischen Straßenbedingungen beschäftigt hatten. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

  • Je weiter man sich von der Küste entfernt, werden die Schlaglöcher unausweichlicher, die Flüsse tiefer, die Warnschilder bunter und die Reifen der entgegenkommenden Autos größer.
  • Die Hochlandstrecken sind durch die Bezeichnung "F" gekennzeichnet. Die meisten sind nur von Juli bis September geöffnet. Das kann sich mit Blick auf das Wetter im Hochland aber auch täglich ändern.
  • Das Hochland ist nicht bewohnt. Es gibt nahezu keine Tankstellen und Unterkünfte. Die Fahrten müssen also gut vorbereitet sein. 
  • Das Befahren der "F-Strecken" muss von der Mietwagenfirma ausdrücklich erlaubt sein. Allrad alleine reicht da nicht. Außerdem sollte man nicht an der Versicherung sparen.

Wer es trotzdem wagen möchte, gut vorbereitet ist und über das entsprechende Fahrzeug verfügt, für den lohnt sich besonders ein täglicher Blick auf die aktuelle Wetter- und Straßenlage auf www.road.is.

Glücklicherweise fühlen sich vermutlich 90% des isländischen Straßennetzes für mitteleuropäische Verhältnisse ohnehin an wie eine Expedition in unberührte Landschaften. Und so haben wir uns eine alternative Route nach Stykkishólmur gebastelt, die - wenn schon nicht das Hochland - ein paar andere spannende Stopps bereithielt.

Gullfoss, Geysir, Þingvellir

Alle Sehenswürdigkeiten entlang unserer Fahrt auf der Route 35 und 52 gehören zum sog. Gullni hringurinn (dt. Goldener Ring), der die berühmtesten Sehenswürdigkeiten Islands einschließt. Und wir starteten direkt mit der vielleicht berühmtesten: dem Großen Geysir.

Der Große Geysir in Island ist Namensgeber für alle anderen Geysire weltweit. Der Begriff stammt vom isländischen Wort geysa, das so viel bedeutet wie „herausspritzen". Bei diesem - ebenso wie bei allen anderen Geysiren - handelt es sich um eine geothermale Springquelle. Diese entstehen, wenn Sickerwasser durch Magma erhitzt wird.

Neben dem Großen Geysir gibt es noch einen kleinen, der ebenfalls in regelmäßigen Abständen ausbricht, sowie ein paar Quellen mit teilweise kochend heißem und schwefeligem Wasser.

Der Besuch beim Geysir war eine von mehreren Situationen, in denen uns bewusst wurde, auf welche Touristenmassen Island vorbereitet ist. Neben dem Infozentrum mit gleich mehreren Restaurants und großen Souvenirläden befindet sich ein riesiger Parkplatz mit Hunderten von Stellflächen für PKW und Reisebusse. Angesichts dieser Kapazitäten haben wir mit unserer Reisezeit vermutlich eine einmalige Gelegenheit genutzt. Denn außer uns standen da vielleicht noch acht oder neun weitere Leute am Geysir und warteten auf die nächste Eruption.

Unseren zweiten Halt machten wir am Gullfoss, einem Wasserfall des Flusses Hvíta, der vor allem wegen seiner enormen Wasserführung von durchschnittlich etwa 120m³ pro Sekunde bekannt ist.

Der Gullfoss beeindruckt neben den bloßen Größe auch durch seine Form, da das Wasser in eine Schlucht stürzt, die fast rechtwinklich zum oberen Flussverlauf steht. Vielleicht waren es auch diese beiden Aspekte, die im Jahre 1920 fast dazu geführt hätten, dass hier ein Wasserkraftwerk gebaut wird. Dies wurde damals durch die Gegenwehr der Bevölkerung verhindert.

Auf dem Weg von Vík nach Stykkishólmur kommt man automatisch auch in Þingvellir vorbei. Der umliegende Nationalpark am Nordufer des Sees Þingvallavatn hat eine besondere Bedeutung für die Geschichte Islands. Hier wurde nach Ende der Landnahme durch norwegische Wikinger um 930 der erste isländische Freistaat verkündet. Ebenso wurde dort am 17. Juni 1944 die Republik Island ausgerufen. Neben Historikern kommen hier allerdings auch Geologen auf ihre Kosten. Denn hier kann man förmlich dabei zusehen, wie die eurasische und die nordamerikanische Platte auseinanderdriften und immer größere Spalten in die Landschaft reißen - mit einer geologisch durchaus atemberaubenden Geschwindigkeit von 7mm pro Jahr.

Neben aller geologischer und historischer Relevanz darf man der Vollständigkeit halber hinzufügen, dass der Þingvellir-Nationalpark auch einfach atemberaubend schön ist. Die Gegend eignet sich sowohl für kleine Spaziergänge, wie auch für größere Wanderungen.


Der Westen und der Nordwesten

Nach der Fahrt vom Süden durch das Landesinnere kamen wir in Stykkishólmur an. Die Stadt liegt im Norden der Halbinsel Snæfellsnes und gehört mit ihren 1.200 Einwohner/innen schon zu den größeren Städten außerhalb der Hauptstadtregion. Hier bezogen wir unser zweites Quartier für die nächsten drei Nächte.

Westfjorde, Jatrabjarg, Breiðavík, Rauðisandur

Gleich am ersten Morgen nach der Ankunft starteten wir zum nordwestlichsten Punkt unserer Island-Tour. Mit der Fähre Baldur ging es von Stykkishólmur mit einem Zwischenstopp auf Flatey nach Brjánslækur auf den Westfjorden (is. Vestfirðir).

Die Westfjorde sind eine sehr abgelegene Halbinsel im äußersten Nordwesten Islands. Aufgrund der Fjorde und der starken Zerklüftung sind die Landwege sehr weit. Die vereinzelten kleinen Siedlungen sind oft menschenleer und wirken deshalb im rauen Wetter der Grönlandsee fast unheimlich. Aber schließlich kommt man hier wegen der Landschaft her - und davon gibt es mehr als genug.

Nachdem wir in Patreksfjörður noch einmal vollgetankt hatten, machten wir uns auf den Weg nach Westen - und zwar so weit nach Westen, dass es in Europa mit Ausnahme der Azoren westlicher nicht sein könnte. Vorbei am Strand Breiðavík erreichten wir bald Kap Bjargtangar mit den berühmten, über 400m hohen Steilklippen Jatrabjarg. Dort leben Hundertausende von Seevögeln, die an den Klippen deutlich schwindelfreier agieren, als so manche/r Hobbyfotograf/in.

Bei der Fahrt über die Westfjorde gibt es immer wieder Gelegenheiten für einen kurzen Zwischenstopp. Hinter mancher Kurve bietet sich ein neuer Anblick, für den man sich gerne ein paar Minuten Zeit nimmt. Einer dieser Anblicke kostete uns leider auch die Autotür. Durch einen starken Windstoß wurde die Tür beim Öffnen so stark nach vorne gedrückt, dass es zwei Leute brauchte, um sie wieder zu schließen. Da die Scharniere das offensichtlich nicht ganz unbeschadet überstanden haben, bekam der Fahrer für den Rest der Reise immer einen sehr unmittelbaren Eindruck von den Wetterverhältnissen außerhalb des Autos. Sicherheitshalber öffneten wir die Tür erst wieder kurz vor Abreise am Flughafen in Keflavik. Besser war's.

Unsere vorletzte Station an diesem Tag war der laut Geo Magazin "vielleicht abgelegenste Strand der Welt". Der Rauðisandur ist durch seine rötliche Färbung als Red Beach bekannt. Besonders eindrucksvoll ist der Blick auf den Strand, wenn man auf der schmalen Schotterstraße über den Bergkamm in die Bucht einbiegt.

Vor der langen, langen Fahrt zurück nach Stykkishólmur war noch ein wenig Island-Wellness angesagt. Der Geothermalpool in Hellulaug liegt, wenn auch etwas versteckt, direkt an der Straße. In diesem Naturpool direkt am Meer lässt es sich bei 38°C warmen Wasser bestens entspannen und den Blick auf die deutliche kühlere Grönlandsee genießen.

Snæfellsnes, Skarðsvík, Hellnar, Whale Watching

Von der Halbinsel Snæfellsnes wird oft behauptet, sie sei wie "Island im Miniaturformat": Gletscher, Fjorde, Vulkane, aber halt alles etwas kleiner. Und vermutlich liegt man mit dieser Behauptung auch gar nicht so daneben. Eine Ausflug über die 100km lange und 35km breite Landzunge ist deshalb sehr vielseitig.

Nach zwei kurzen Stopps an der Bucht Kolgrafarfjördur und in der typisch isländischen Kleinstadt Ólafsvík zog es uns an die Westspitze. Neben den Klippen und dem Leuchtturm in Öndverdarnes lohnt sich unterwegs auch ein Spaziergang am Strand von Skarðsvík.

Der Sandstrand umgeben von schroffen Lavafelsen wirkt ist fast karibisch. Vielleicht ist es auch dieser Kontrast zu den unendlichen Lavafeldern, der ihn so beeindruckend macht.

Aber Snæfellsnes hat noch Vieles mehr zu bieten. Beispielsweise auf einer Wanderung von Hellnar nach Arnarstapi erlebt man die Küste oft von ihrer rauen Seite. Die kleinen Städtchen am Fuße des Snæfellsjökull lassen außerdem erahnen, wie mühsam sich hier die Fischer in den letzten Jahrhunderten ihre Brötchen verdient haben mussten.

Für eine Besichtigung der Vatnshellir-Höhle hat es uns leider nicht mehr gereicht. Hier empfiehlt es sich, frühzeitig eine Tour zu buchen. Etwas planungssicherer waren wir da glücklicherweise beim Whale Watching. An Bord eines kleinen Schiffes des Anbieters LákiTours ging es zusammen mit ca. 15 weiteren Hobby-Seefahrer/innen aufs Meer.

Die jahreszeittypischen Orkas hatten an diesem Tag leider keine Lust, sich mit uns abzugeben. Vielleicht war es ihnen über der Wasseroberfläche auch einfach zu ungemütlich. Dafür trafen wir dort gleich auf mehrere Pottwale, die sich in direkter Umgebung zu unserem Schiff tummelten. Ein paar Minkwale und Seevögel gab es obendrauf und der Tag war gerettet.


Reykjavík und der Südwesten

Reykjavík war die letzte Station auf unserer Reise. Im Großraum der isländischen Hauptstadt leben ca. 200.000 der insgesamt 360.000 Einwohner/innen des Landes. Reykjavík ist damit das unbestrittene wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum. Für uns bedeutete das in erster Linie, nach über einer Woche gefühlt wieder in die Zivilisation zurückzukehren.

Reykjavík

Die Stadt ist nicht groß, sodass man alles gut zu Fuß erreichen kann. Außerdem darf man nicht allzu viele spektakuläre Sehenswürdigkeiten erwarten. Dennoch lohnt es sich, die Stadt beim einen oder anderen Spaziergang auf sich wirken zu lassen.

Den besten Überblick über Reykjavík hat man vom 75m hohen Turm der Hallgrímskirkja. Die Kirche liegt auf einem Hügel - weshalb sie in der ganzen Stadt einen guten Orientierungspunkt bietet. Die Architektur erinnert an die Basaltsäulen, wie man sie auf der Insel ganz häufig in natürlicher Form findet. Ein weiteres Indiz moderner Bauweise ist der Aufzug hinauf zum Turm, durch den das mühsame Treppensteigen  erspart bleibt.

Auf dem Weg durch die Stadt in Richtung Küste überquert man die Hauptstraße Laugavegur. In den umliegenden Seitenstraßen finden sich viele Restaurants, Bars und Geschäfte. An der Uferpromenade reihen sich weitere interessante Spots auf. Der Alte Hafen ist ein beliebter Ausgangspunkt für Walbeobachtungen. Ein paar hundert Meter weiter befindet sich das Konzerthaus Harpa sowie die nicht weniger moderne Skulptur Sólfar (dt. Sonnenfahrt), die sich zu einem der Wahrzeichen Reykjavíks entwickelt hat.

Lohnenswert ist auch ein Rundgang um den Tjörnin. An diesem flachen See inmitten der Stadt befinden sich mit dem neuen Rathaus, der Isländischen Nationalgalerie sowie dem Stadttheater Iðnó gleich mehrere interessante Sehenswürdeigkeiten.

Für die regnerischen Tage oder für ein wenig Kultur zwischendurch bietet die Stadt auch ein paar Museen. Wer sich weniger für Kunst und Geschichte interessiert, den erwartet dort ein Naturkundemuseum der kurioseren Art: das Isländische Phallusmuseum. Die Sammlung begann mit einer Rinderpeitsche aus einem Stierpenis und umfasst heute 280 Exemplare von 93 Tierarten - vom Goldhamster bis zum Blauwal.

Fagradalsfjall, Blaue Lagune

Das Umland von Reykajvík ist bekannt für seine geologischen Aktivitäten. Dabei hatten wir das besondere Glück, ein Spektakel mitzuerleben, das man so nicht hätte einplanen können. Nur wenige Tage vor unserer Ankunft hatte der Vulkan Fagradalsfjall nach 900 Jahren wieder angefangen, Lava zu spucken. Und das nicht zu knapp. Nachdem wir den einstündigen Aufstieg im zweiten Anlauf ohne Starkregen geschafft hatten, erlebten wir gleich mehrere Eruptionen.

Die Ausbrüche wiederholten sich in der einen Stunde, in der wir oben waren, noch vier weitere Male. Wie lange das noch so weitergeht, können aber nicht einmal die Forscher vorhersagen. Es könnte jederzeit vorbei sein oder sogar noch jahrelang so weiterghehen. Unnötig zu erwähnen, dass man sich so etwas nicht entgehen lassen sollte, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Nach so viel Aufregung war zum Abschluss des Urlaubs noch ein wenig Entspannung angesagt. Glücklicherweise lag die Bláa Lónið (dt. Blaue Lagune) auf dem Weg zurück nach Reykjavík.

Die Blaue Lagune ist ein Thermalfreibad in der Nähe von Grindavík. Der See entstand eigentlich als "Abfallprodukt" eines nahegelegenen Geothermalkraftwerks. Zuerst fingen die Menschen aus dem Umland an, dort zu baden. Später entstand ein hochprofessionelles Freibad mit allem, was dazugehört. Die milchig-blaue Färbung des Wassers, für die die Lagune bekannt ist, kommt von der Kieselsäure. Außerdem sind im 40°C warmen Wasser auch Mineralsalze und Kieselerde enthalten, durch die wir sichtlich verjüngt am folgenden Tag die Heimreise antreten konnten.


Fazit

Was bleibt zu sagen nach zwei Wochen Island? Eines vorweg: jederzeit wieder! Es ist unglaublich und ein echtes Erlebnis für alle, die gerne draußen sind und auch mit ein bisschen Regen klarkommen. Denn auf schlechtes Wetter und ordentlichen Wind sollte man sich in jedem Fall einstellen. Sprich: Plant auf Eurer Tour ein wenig Puffer ein, falls das Wetter mal nicht mitspielt! Und das gilt nicht nur mit Blick auf das Wetter. Man sollte in keinem Fall unterschätzen, wie groß dieses Land ist und welche Strecken man hier teilweise auf Schotterpisten zurücklegen muss. Die Zeitangaben auf Google Maps sind da auch nicht immer ganz so zuverlässig. Wenn man sich die Ringstraße vornimmt, sollte man mindestens zwei Wochen einplanen. Wenn man darüber hinaus auch nach Snæfellsnes oder auf die Westfjorde fahren möchte, sind drei Wochen auf keinen Fall zu viel. Andernfalls empfiehlt es sich eher, Abstriche zu machen, als sich zu stressen. Der Süden und der Westen bieten sich an, um auch in kürzerer Zeit viel zu erleben.

Die Reisezeit ist ein nächster Punkt, den man sich gut überlegen sollte. Viele Gebiete, vor allem im Hochland, sind ohnehin nur während eines schmalen Zeitfensters im Sommer zugänglich. Außerdem ist während des Sommers - insbesondere von Mai bis Juli - die Mitternachtssonne eine sehr spannende Erfahrung. Mit Polarlichtern hingegen wird es in dieser Zeit aber höchstwahrscheinlich schwierig. Unsere Reisezeit war im Mai, also vor der eigentlichen Hauptsaison. Zudem war der Tourismus nach Corona bei weitem noch nicht angelaufen. Nachdem wir die typischen Touristenziele in dieser Zeit nahezu für uns alleine hatten, könnte ich mir bei einem weiteren Besuch vorstellen, eher die entlegeneren Gegenden zu bereisen - dann aber mit einem ordentlichen Auto.

Der Ruf Islands, sehr teuer zu sein, ist nicht ganz unberechtigt. Im Restaurant sind 10€ für ein Glas Bier nicht unüblich. Auch die Kosten für die Unterkünfte oder Lebensmittel liegen eine ganze Schippe über dem westeuropäischen Standard. Island ist also für die meisten von uns keine Destination, um mal so richtig auf den Putz zu hauen. Aber natürlich kann man kostengünstig unterwegs sein, wenn man sich selbst versorgt und sich rechtzeitig um bezahlbare Unterkünfte kümmert. Es gibt wohl auch für Camper eine gute Infrastruktur. Nicht sparen sollte man hingegen beim Fahrzeug. Denn erstens braucht Ihr auf jeden Fall eines, wenn Ihr nicht gerade mit einer Reisegruppe unterwegs seid. Und zweitens setzt die Insel hohe Ansprüche an das Material. Gerade wenn man auch abseits der Ringstraße unterwegs sein möchte, kommt so mancher Mietwagen schnell an seine Belastungsgrenze.