August 2020 // Die Auswahl von Reisezielen war in diesem Jahr im Wesentlichen von der weltweiten Risikolandkarte und lokalen Quarantäneregeln bestimmt. So hatten wir zuerst Mittelamerika und später Südosteuropa verworfen. Glücklicherweise gibt es ja aber auch in der direkten Nachbarschaft ein paar Länder, die auf den ersten Blick vielleicht nicht allzu exotisch anmuten, die uns aber bei näherer Betrachtung eines Besseren belehren. Und so stand am Ende Frankreich auf dem Plan.
Wir hatten vier Wochen Reisezeit eingeplant und uns dementsprechend auch eine große Tour vorgenommen. Außerdem hatten wir uns für das eigene Auto als Fortbewegungsmittel entschieden. Da wir nur knappe 100km von der elsässischen Grenze entfernt leben, bot es sich natürlich an, im Osten der Grande Nation zu starten. Und danach weiter im Uhrzeigersinn.
Neben den Alpen, der Provence und der Atlantikküste standen noch ein paar weitere Ziele auf dem Zettel. Alle konkreten Planungen machten wir aber sukzessive vor Ort - je nachdem, ob es uns mehr in die Städte oder mehr in den ländlichen Raum zog. Los ging es über die Schweiz in Richtung der höchsten Berggipfel Europas.
Chamonix, Mont Blanc, Brévent, Annecy, Lac d'Annecy
An einem der heißeren Tage des Sommers machten wir uns auf den Weg über die Schweiz in die Westalpen. Vorbei am Genfer See und mitten durch die hochsommerlich-stickige Genfer Innenstadt erreichten wir die französische Grenze. Aufgrund der Hitze machte sich schon hier zum ersten Mal der Motor bemerkbar, der mit der Kühlung nicht mehr ganz hinterher kam. Über die Serpentinen zu unserem auf 1.100m gelegenen Ziel Les Carroz d'Arâches war auch noch eine verlängerte Pause nötig, damit der Roadtrip nicht schon allzu frühzeitig enden sollte.
Les Carroz ist ein Skiort, der allerdings auch im Sommer gut besucht ist. Das Städtchen eignet sich als Ausgangspunkt für alle erdenklichen alpinen Aktivitäten. Durch seine Lage im Dreieck zwischen Genf, Annecy und Chamonix lagen die Ausflugsziele der kommenden Tage ja nahezu auf der Hand. Gleich am nächsten Tag nutzten wir die Gelegenheit, uns den Mont Blanc einmal aus der Nähe anzusehen.
Mit dem Auto fuhren wir eine knappe Stunde in den bekannten Wintersportort Chamonix-Mont-Blanc, der aber meistens nur Chamonix genannt wird. Die Stadt hat fast 9.000 Einwohner/innen und ist in erster Linie bekannt für den vernachlässigten Teil des Ortsnamens. Der Mont Blanc (dt. weißer Berg) liegt an der Grenze zwischen Frankreich und Italien ist mit 4810m Höhe nicht nur der höchste Berg der Alpen, sondern sogar der höchste Berg Europas.
Man kann den Mont Blanc tatsächlich sogar als Tourist mit der Seilbahn "besteigen". Dafür geht es zuerst mit der Téléphérique de l'Aiguille du Midi auf den gleichnamigen Gipfel auf 3.842m Höhe. Und von dort aus weiter in den kleineren Kabinen der Télécabine Panomarique Mont Blanc. Wir entschieden uns jedoch dafür, uns mit der Aussicht auf den Mont Blanc zu begnügen - auch aufgrund der echt knackigen Kosten für die Seilbahnen und der eisigen Temperaturen am Gipfel. Dafür planten wir eine Wanderung auf der gegenüberliegenden Seite des Tals.
Ab Chamonix fuhren wir mit der Brévent Bahn bis zum Plan Praz auf ca. 2.000m Höhe. Von dort aus starteten wir unsere Wanderung über den Großen Südbalkon bis nach La Flégère. Da beide Stationen in etwa auf derselben Höhe liegen, ist die Tour für alle Fitnesslevel gut zu schaffen. Von La Flégère aus kann man entweder mit der Seilbahn oder zu Fuß zurück ins Tal. Der Fußweg lohnt sich aber schon alleine durch einen Abstecher im Chalet da la Floria, wo man sich in sehr entspanntem Ambiente auf der Terrasse eines alten Bauernhauses für die letzten Höhenmeter stärken kann.
Am Berg sind viele weitere Varianten zum Wandern denkbar - mit mehr oder weniger Höhenmetern oder Seilbahnen. So oder so kann man hier auf jeden Fall einen guten Tag verbringen. Und man hat von überall einen tollen Blick auf das Mont Blanc-Massiv.
Am nächsten Tag ging es in die entgegengesetzte Richtung: an den Lac d'Annecy.
Am Vormittag starteten wir in Annecy le Vieux zu einer Wanderung auf die umliegenden Berge. Unser Ziel war es, von irgendwo einen guten Blick auf den See und die Stadt Annecy zu bekommen. Da es sich jedoch als etwas schwierig herausstellte, im Vorfeld gute Wanderrouten zu finden, folgenden wir vor Ort den Beschilderungen, die wir spontan für gut befunden hatten - mit Erfolg. Im Wald war die Sommerhitze einigermaßen erträglich und wir wurden mit einem tollen Blick über den See belohnt.
Zurück im Tal nutzten wir die Gelegenheit für eine kleine Erfrischung im See und machten uns danach auf den Weg in die Innenstadt - beides zusammen mit einer ganzen Menge anderer Menschen. Man kann wohl sagen, dass Annecy mit seiner historischen Altstadt und seine engen Gassen und Kanälen nicht gerade ein Geheimtipp ist. Insbesondere außerhalb der Hauptreisezeit sollte man sich einen Abstecher aber nicht nehmen lassen, wenn man in der Ecke unterwegs ist.
Côte d’Azur, Nizza, Monaco
Von den Alpen ging es weiter an die französische Mittelmeerküste - an die Côte d’Azur. Aber auch der Weg dahin war ein echtes Erlebnis. Wenn man Zeit hat, empfiehlt es sich, auf Mautstraßen zu verzichten. Für die über 400km nach Nizza sollte man dann aber in jedem Fall einen Tag einplanen. Denn die Route führt durch die gesamten Westalpen, bis sie erst ganz am Ende an die Küste hinunterfällt. Dazwischen liegen unzählige Höhenmeter, Pässe, Brücken und Seen. Für einen Zwischenstopp eignen sich beispielsweise Sisteron und gegen Ende der Strecke auch Entreveux. So wird die Fahrt zu einem echten Roadtrip.
Wer das Alpen-Erlebnis noch weiter auf die Spitze treiben möchte, der kann sich auch die Route des Grandes Alpes einmal näher ansehen. Der Name ist Programm. Die Route ist deshalb besonders bei Motoradfahrer/innen beliebt.
Auch auf der schönsten Strecke sind zehn Stunden Fahrt am Ende doch recht lang. Und so kamen wir etwas gestresst und müde in Nizza an. Wir hatten uns über Airbnb für vier Nächte ein Zimmer in der Nähe des Place Garibaldi gebucht, gleich nördlich der historischen Altstadt. Von dort aus starteten wir unsere Ausflüge in den ersten beiden Tagen zu Fuß in die Innenstadt. Wenn man nicht ganz lauffaul ist, kommt man in der mit 342.000 Einwohner/innen fünftgrößten Stadt des Landes auch ohne weitere Verkehrsmittel ganz gut zu Rande.
Die Stadt ist konsequent auf ihren Strand hin ausgerichtet. Zwischen dem Meer und der Altstadt zieht sich die 7km lange Promenade des Anglais. Dort reihen sich Casinos und große Hotels aneinander. Besonders das Negresco versprüht den Charme alter Tage und könnte noch heute Kulisse für jeden James Bond-Film sein. In den Abendstunden drängen sich auf der Promenade Tausende von Niçois und Touristen.
Wenn man sich das Ganze auch einmal von oben ansehen möchte, lohnt sich der kurze Aufstieg zum zum Colline du Château, dem Schlosshügel nordöstlich der Altstadt. Neben den Aussichtspunkten gibt es dort oben auch zwei historische Friedhöfe zu besuchen. Im großen Park kann man die Stadtbewohner beim Sport beobachten oder einen Blick auf die Ruinen der ehemaligen Burg werfen, die Ludwig XIV im Jahr 1706 sprengen ließ. Auf der östlichen Seite des Colline befindet sich der Hafen Nizzas mit dem beeindruckenden Denkmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege.
In Nizza spürt man an jeder Ecke, dass man nur 30 Kilometer von Italien entfernt ist und dass es schon aufgrund der Nähe viele historische Verflechtungen in das Nachbarland gibt. Das spürt man auch beim Bummel durch die Altstadt, die an jeder Ecke einen anderes Highlight bereithält. Neben den Kathedralen und den unzähligen Barockbauten kommen vor allem Kunstliebhaber auf ihre Kosten: Das Musée Matisse und das Musée National Marc Chagall sind nur zwei der bekanntesten Adressen. Daneben gibt es weitere Sammlungen, in denen deutlich wird, dass die Côte d’Azur seit jeher Anziehungspunkt und Inspiration für Künstler aus aller Welt ist.
Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass es in der näheren Umgebung von Nizza gleich mehrere interessante Ausflugsziele gibt. Neben den Städten Grasse und Antibes reihen sich dort auch St. Tropez, Cannes und Monaco entlang der Küste auf. Da fällt die Wahl - wenn man nicht alle besuchen kann - natürlich schwer. Wir hatten uns am Ende für Monaco entschieden. Schließlich war es einerseits mit dem Zug in nur 30 Minuten zu erreichen. Andererseits konnten wir unsere Reiseroute gleich um ein ganzes Land erweitern. Also los.
Monaco ist der zweitkleinste Staat der Erde, gleich nach dem Vatikan. Dafür aber mit der weltweit höchsten Bevölkerungsdichte. Auf einer Fläche von zwei Quadratkilometern leben dort knapp 40.000 Einwohner/innen. Da man weder Einkommensteuer noch Erbschaftssteuer bezahlt und da im Ausland begangene Steuerdelikte dort nicht verfolgt werden, liegen die Gründe für einen Wohnsitz im Fürstentum wohl nicht in der schönen Aussicht. 78% der Bevölkerung sind Ausländer ohne monegassische Staatsbürgerschaft. Und genau diese Demographie zeigt sich im Stadtbild: Sehr viel Geld auf sehr wenig Raum.
Monaco lässt sich problemlos an einem Tag zu Fuß erkunden. Im Stadtzentrum befinden sich das weltberühmte Casino und der Yachthafen. Die befestigte Altstadt Monaco-Ville wird auch als Le Rocher bezeichnet. Sie liegt auf einem Hügel, der ca. 60m über die Stadt aus dem Mittelmeer hinausragt. Ein paar der knapp 1.000 Bewohner/innen der Altstadt teilen sich den recht unspektakulären Fürstenpalast. Mindestens ebenso sehenswert sind da sicherlich die Jardins de Saint-Martin sowie die Cathédrale Notre-Dame-Immaculée. Auch das Ozeanografische Museum ist einen Besuch wert. Während die Aquarien eher an die 80er Jahre erinnern, sind das historische Gebäude und die Ausstellung echt gut aufbereitet.
Gorges du Verdon, Lourmarin, Avignon, Pond du Gard
Die Provence bezeichnet die ganze Region im äußersten Südosten Frankreichs. Eine Unterscheidung zwischen Nizza, Provence und Marseille - wie in diesem Text - ist daher geographisch sicher nicht ganz korrekt. Der Wunsch, die Provence zu besuchen, bezog sich aber sehr stark auf die ländliche Region und die kleinen Weindörfer. Also dieses Bilderbuch-Frankreich, wie man es sich als Deutscher so vorstellt. Deshalb bekam dieser Aspekt auch einen eigenen Stopp auf unserer Reiseroute.
Von Nizza ging es 236km nach Lourmarin. Dieses kleine Dorf hatten wir uns ausgesucht, weil es recht zentral gelegen ist, um verschiedene Tagesausflüge in der Region zu unternehmen. Wie sich später herausstellte, ist es aber auch selbst sehr sehenswert. Zwischen Nizza und Lourmarin lag aber noch eine kleine Autofahrt durch eine der imposantesten gegenden Frankreichs. Wir hatten uns nämlich die Gorges du Verdon (dt. Verdonschlucht) als Zwischenstopp eingeplant - wobei der 21km lange und bis zu 700m tiefe Canyon an jeder Ecke dazu einlädt, einen Stopp einzulegen und die Landschaft zu bestaunen.
Nach dem Trubel in den Städten ließen wir die Tage in Lourmarin bewusst langsam angehen. Wir hatten uns in einer sehr netten Ferienwohnung einquartiert. Auf dem Markt haben wir uns mit Lebensmitteln eingedeckt und wir freuten uns darauf, mal wieder selbst zu kochen. Die frischen Baguettes, Käse und ein paar Feigen gab es eine Straße weiter beim Dorfbäcker. Frankreich, wie man es von Postkarten kennt. Aber natürlich fehlte da noch ein wichtiges Accessoire: Wein.
Glücklicherweise zieht sich die Weinbauregion Rhône bis weit in die Provence hinein. Lourmarin befindet sich dabei im südlichen Abschnitt in der Appellation Côtes du Luberon. Da gehört es selbstverständlich zum guten Ton als Gast in der Region, den Weinbau entsprechend zu würdigen. Wir suchten uns dafür drei ansässige Weingüter aus, um einerseits den Reiseproviant aufzufüllen und um andererseits auch für zu Hause noch das eine oder andere Fläschchen einzupacken. Direkt im Umland von Lourmarin besuchten wir das Château Fontvert und das Château Constantin, die mit dem Ausbau in klassischen Amphoren eine kleine Spezialität zu bieten haben. Im Zentrum von Lourmarin gab es außerdem einen Laden des Weinguts Domaine de Fontenille aus dem nahegelegenen Lauris.
Ein weiterer Ausflug führte uns von Lourmarin aus in Richtung Westen: Zuerst nach Avignon und anschließend zur Pond du Gard.
Avignon zählt etwa 92.000 Einwohner/innen, von denen 15.000 innerhalb der historischen Stadtmauern wohnen. Bekannt ist die Stadt neben den mittelalterlichen Befestigungsmauern einerseits für den gotischen Papstpalast und die angrenzende Bischofsanlage. Dass sich der Palais des Papes aus dem 14. Jahrhundert außerhalb Roms befindet, liegt daran, dass Avignon tatsächlich von 1309 bis 1376 Papstsitz war.
Andererseits ist die Stadt bekannt durch die Pont Saint-Bénézet. Die Brücke, die auch im Volkslied "Sur le pont d’Avignon" besungen wird, ist die Ruine einer Bogenbrücke, die einst die Rhone überspannte. Die Brücke wurde durch Kriege und Hochwasser mehrmals ganz oder teilweise zerstört. Nach einem schweren Hochwasser im Jahr 1660 wurde beschlossen, die Brücke nicht wieder aufzubauen. Sie reicht deshalb heute nur bis zur Mitte des Flusses.
Eine andere berühmte Brücke befindet sich nur wenige Kilometer entfernt auf dem Gebiet der Gemeinde Vers-Pont-du-Gard. Im Gegensatz zur der Brücke in Avignon reicht die Pond du Gard sogar bis auf die andere Seite - und das seit über 2.000 Jahren. Die Brücke ist ein römischer Aquädukt und Teil einer etwa 50km langen Wasserleitung.
Für die Ingenieure unter Euch: Die Brücke ist 49m hoch und besteht aus drei Etagen unterschiedlicher Länge und mit unterschiedlich breiten Bögen. Das Aquädukt hat auf seiner Länge von 275m lediglich 0,4 Prozent Gefälle. Auf der Gesamtlänge der Wasserleitung von 50km misst der Höhenunterschied gerade einmal 12m. Bis heute ist nicht klar, wie die römischen Bauleiter so präzise hatten arbeiten können. Auch abgesehen von den ganzen Zahlen ist das Ding aber einfach sehr beeindruckend. Und in der Gardon kann man sogar darunter durchschwimmen. Also: Badesachen mitbringen!
Aix-en-Provence, Marseille
Nach den ruhigen Tagen auf dem Land ging es zurück in die Stadt - sogar in die zweigrößte Stadt Frankreichs und in eine der bedeutendsten europäischen Hafenstädte. Es ging nach Marseille. Aber wie immer, mit einem kleinen Zwischenstopp.
Auf dem Weg nach Marseille hielten wir für einen Stadtspaziergang in Aix-en-Provence (kurz Aix). Die Universitätsstadt mit 140.000 Einwohner/innen lebt noch heute von ihrer historischen Bedeutung und ist eine der lebenswertesten Städte Frankreichs.
Im Vergleich zum beschaulichen Aix ist Marseille ein echtes Kontrastprogramm. Um so viel vorwegzunehmen: Selten erlebt man in Westeuropa eine Stadt, die so schwer zu beschreiben ist. Marseille arbeitet an seinem Image. Überall entstehen neue Dinge und es ist unglaublich spannend, diese Stadt zu entdecken. Es bleibt dennoch offensichtlich, weshalb Marseille einen eher zwielichtigen Ruf hat. In manchen Straßen legt man gerade bei Dunkelheit gerne einen Zahn zu. Wer eine Stadt im Umbruch erleben möchte, ist hier richtig.
Ebenso wie Nizza ist Marseille zum Meer hin ausgerichtet. Allerdings weniger mit Badehose und Sonnenbrille, sondern mehr mit dem Charme einer Hafenstadt. Der Vieux Port (dt. Alter Hafen) mit dem Fischmarkt am Quai des Belges ist das Zentrum der Altstadt. Von dort starteten wir auch unseren ersten Spaziergang hinauf zum Jardin du Pharo, um uns in Ruhe einen Überblick über den Hafen und die Innenstadt zu verschaffen.
Was kann man in Marseille sonst noch tun? Natürlich gibt es die klassischen Sehenswürdigkeiten, wie die Kathedrale Notre-Dame de la Garde, die südlich der Innenstadt auf einem 147m hohen Felsen trohnt. Ebenso beeindruckend ist die Kathedrale von Marseille, die Cathédrale de la Major. Die neoromanisch-byzantinische Bischofskirche prägt das Stadtbild insbesondere durch ihre imposanten Kuppeln und die getreifte Optik.
Direkt hinter der Kathedrale kommt man nach Le Panier, in das älteste Viertel Marseilles. In den engen Gassen der Altstadt gibt es viele kleine Geschäfte und Ateliers zu entdecken. Ebensfalls befindet sich dort die Vielle Charité - ein ehemaliges Armenhospiz, das heute als Museum und Kulturzentrum genutzt wird.
Unterhalb der Kathedrale findet Ihr Les Voûtes de la Major. In diesen alten Gewölbekellern haben sich heute insbesondere Restaurants angesiedelt. Ein weiteres Beispiel für die Entwicklung der Stadt befindet sich nur wenige huntert Meter weiter im Viertel La Joliette. Zwischen vielen Cafés und Restaurants haben dort alte Lagerhäuser eine neue Verwendung gefunden. Das Einkaufszentrum Les Docks ist auch wegen der beeindruckenden Architektur einen Besuch wert.
Schon am ersten Abend wurden wir bei der Suche nach einem netten Restaurant aufmerksam auf das Viertel Cours Julien. Und recht schnell war klar, dass wir hier auch die kommenden Abende verbringen würden. In mehreren Straßenzügen findet sich eine große Auswahl an kleinen Cafés, Bars und Restaurants. Cours Julien erinnert dabei an andere alternative Viertel, wie Berlin-Kreuzberg oder das Hamburger Schanzenviertel. Und vermutlich wird auch diesen Stadtteil ein ähnliches Schicksal ereilen. Im Moment aber sollte man sich einen Besuch nicht entgehen lassen (und einen Teil zur Gentrifizierung beitragen). Nicht nur wegen der Cafés, sondern auch wegen der Street Art.
In Toulouse nahmen wir gerne das Angebot an, für zwei Nächte bei Freunden unterzukommen. Das war gleich in mehrerer Hinsicht eine gute Idee. Denn einerseits war bei der kostenlosen Übernachtung auch die Stadtführung durch zwei ortskundige Guides inklusive (Merci beaucoup!) und andererseits hätten wir Toulouse ansonsten wahrscheinlich nicht in die engere Auswahl unserer Reiseziele genommen. Am Ende waren die beiden Tage fast ein wenig knapp.
Toulouse liegt im Südwesten Frankreichs nahe der Pyrenäen und nicht mehr weit entfernt von der Grenze nach Spanien. Toulouse ist die viertgrößte Stadt Frankreichs. Fast ein Fünftel der 479.000 Einwohner/innen sind Studenten/innen.
Das Stadtbild ist geprägt durch die Garonne, dem Fluss dem wir später auch in Bordeaux noch einmal begegnen sollten. Außerdem ist die Stadt bekannt für die zahlreichen Bauwerke aus roten Ziegelsteinen, weshalb Toulouse auch la ville rose (dt. rosarote Stadt) genannt wird.
Besondere Sehenswürdigkeiten sind die gotische Cathédrale Saint Etienne, die romanische Basilika Saint-Sernin sowie das Capitole (Rathaus) als zentrales Gebäude am gleichnamigen Place du Capitole. Von hier aus erstrecken sich die Straßen in die umliegende Altstadt.
An sonnigen Tagen sowie in den frühen Abendstunden lohnt sich besonders ein Spaziergang am Ufer der Garonne. In der kleinen Parkanlage La Daurade kann man sich mit Getränken versorgen und einen Blick auf den Fluss und die historische Brücke Pont Neuf werfen.
Ein Highlight war außerdem der Besuch im Luftfahrtmuseum aeroscopia. Das Museum wird vom ortsansässigen Flugzeugbauer Airbus betrieben und liegt ca. 10km von der Innenstadt entfernt. Man darf sagen, die Macher haben sich hier nicht mit Modellen und Nachbildungen aufgehalten. In einem riesigen Hangar befinden sich Dutzende komplette Flugzeuge aus allen Epochen und vielen Anwendungsbereichen - von der kleinen Probellermaschine bis hin zu den größten Passagier- und Militärflugzeugen unserer Zeit. Viele davon darf man auch von Innen besichtigen.
Médoc, Soulac-sur-Mer, Montalivet
Nach Marseille und Toulouse stand einmal mehr eine ländliche Gegend auf dem Programm. Soulac-sur-Mer liegt an der nördlichen Spitze der Halbinsel Médoc westlich der Gironde-Mündung direkt am Atlantik. Das kleine Dorf ist als Urlaubsort bekannt. An den weitläufigen Stränden findet man mit etwas Glück aber immer einen Abschnitt, den man für sich alleine hat.
Neben Stränden, FKK-Freunden und Pinienwäldern gibt es hier nicht allzuviel. Aber das war schließlich der Plan. Wenn es doch langweilig werden sollte, lohnt sich ein Strandspaziergang der etwas anderen Art. Denn an den Stränden des Médoc sowie an vielen Stellen der französischen Atlantikküste finden sich Überreste des sogenannten Atlantikwalls, der von den deutschen Besatzern im zweiten Weltkrieg als Verteidigungsanlage aufgebaut wurde. Die Überreste der Bunker dienen vielen Sprayern und Street Art-Künstlern heute als Leinwand vor einer ungewöhnlichen Kulisse.
Für Abwechslung sorgt auch ein Besuch in einem der kleinen Städtchen. Neben Soulac-sur-Mer mit seiner kleinen Markthalle und dem historischen Rathaus ist auch Montalivet ganz in der Nähe. Besonders in der Hauptreisezeit darf man sich jedoch nicht wundern, wenn man dort nicht alleine ist. Dafür gibt es reichlich Restaurants, Geschäfte und Supermärkte.
Médoc, Route des Châteaux, Bordeaux
Auf der ca. 100km langen Strecke von Soulac-sur-Mer nach Bordeaux wollten wir uns einer Besonderheit dieser Gegend widmen. Denn die umliegende Region Médoc, die auch die Stadt Bordeaux im Südosten mit einschließt, kennt man unter anderem auch von dem Aufdruck auf Weinflaschen. "Médoc" wird dabei hauptsächlich für den nördlichen Teil der Weinbauregion rund um Bordeaux verwendet.
Wir nahmen uns die Zeit, um abseits der Hauptstraße auf der Route des Châteaux in Richtung Bordeaux zu fahren. Die Route erstreckt sich über 80km und macht die Weiten der 16.000ha Weinanbaufläche des Médoc erlebbar. Immer wieder kommt man an Weingütrern vorbei, die als Châteaux (dt. Schlösser) bezeichnet werden und die diesen Namen auch verdienen. Hier haben es ein paar Winzer offensichtlich zu bescheidenem Wohlstand gebracht.
Auch die Zeit in Bordeaux war von Wein geprägt. Hier drei Tipps für alle, die sich dafür ebenfalls begeistern können:
Wenn man schon mal in der Nähe der Cité du Vin ist, lohnt sich auch ein Blick in die Halles des Bacalan. In dieser modernen Markthalle kommt man insbesondere für einen Snack zwischendurch voll auf seine Kosten. Vor der Halle gibt es Tische, an denen man sich die Einkäufe direkt schmecken lassen kann.
Die Altstadt von Bordeaux ist nahezu komplett erhalten. Es sind dehalb weniger einzelne Gebäude, die man sich hier ansehen sollte. Vielmehr sollte man die Stadt an sich wirken lassen und sich am Abend unter die Bordelais mischen. Im Schatten der historischen Stadttore tummeln sich hier Tausende Einheimische und Touristen bis in die Nacht hinein in den Bars und Restaurants der Altstadt.
Auch am Tag lohnt sich ein Spaziergang durch die Stadt. Bordeaux ist trotz seiner geringen Größe von ca. 260.000 Einwohner/innen das politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Zentrum des französischen Südwestens. Betritt man die Altstadt am Palais de la Bourse vom Ufer der Garonne her, wird diese historische Bedeutung beinahe spürbar. Aufgewertet wird dieser Platz außerdem durch den Miroire d'Eau, dem mit 3.450qm größten Spiegelbecken der Welt. Insbesondere in den Abendstunden werden Fotografen hier ihren Spaß haben.
Natürlich gibt es auch ein paar Gebäude, die man sich einmal näher ansehen sollte. Zwei davon die sind bekanntesten Kirchen der Stadt. Die Basilika Saint-Michel ist bekannt für ihre bunten Glasfenster und dem 114m hohen Turm. Mit 81m sind die beiden Türme der Cathédrale Saint-André zwar nicht ganz so hoch. Die Kathedrale wirkt jedoch aufgrund ihrer 127m Länge, freistehend auf dem Place Pey Berland umso imposanter. Der zugehörige Turm Pey-Berland ist mit 50m Höhe der höchste öffentliche Aussichtspunkt der Stadt.
Vannes, Carnac, Quiberon, Locronan, Camaret-sur-Mer, Pointe de Penhir, Saint-Malo
Die Bretagne ist die größte Halbinsel Frankreichs und die Heimat von 3.300.000 Bretonen/innen. Eine Besonderheit der Region sind die zweisprachigen Straßenschilder - sowohl auf Französisch als auch auf Bretonisch. Bretonisch ist die einzige moderne keltische Sprache, die auf dem europäischen Festland beheimatet ist. Auch im Alltag ist die Sprache sehr präsent.
Aufgrund der peripheren Lage ist das Straßennetz eher dünn. Man sollte für die Fahrten deshalb eher etwas mehr Zeit einplanen. Aus diesem Grund hatten wir hier auch keine zentrale Unterkunft, sondern wir sind alle ein bis zwei Tage weiter gefahren. Angefangen haben wir in Pluneret im Süden der Halbinsel. Von dort aus starteten wir unterschiedliche Ausflüge, wie zum Beispiel nach Vannes. Auf den Festungsmauern kann man große Teile der historische Altstadt umrunden. Außerdem warten innerhalb der Mauern viele gut erhaltene Fachwerkhäuser sowie die Cathédrale Saint-Pierre.
Ein weiterer Ausflug führte uns zu den Steinreihen von Carnac. Rund um dieses Dörfchen befindet sich in drei Gruppen ca. 3.000 Menhire. Die Steine mit einer Größe von bis zu 4m sind in Reihen angeordnet und ergeben zusammen ein recht spekatuläres Bild. Mit ein wenig Zeit lassen sich die unterschiedlichen Steinfelder gut zu Fuß erkunden. Wenn man sich anschließend vom Spaziergang erholen (oder noch einmal an der Küste spazieren) möchte, empfiehlt sich ein Abstecher an die ruhigen Stränden der Halbinsel Quiberon.
Unsere zweite Bretagne-Station war ganz im Westen - für eine Nacht an der Westspitze der Crozon-Halbinsel in Camaret-sur-Mer. Auf dem Weg dorthin machten wir tatsächlich zufällig eine Rast in Locronan. Das Dorf gehört zu Les plus beaux villages de France, den gewählten schönsten Dörfern Frankreichs. Mit dieser Information waren die Busparkplätze am Ortsrand schon eher nachvollziehbar. Da wir aber in der ersten Woche nach den französischen Sommerferien dort strandeten, mussten wir uns den historischen Markt- und Kirchplatz mit nicht allzu vielen anderen teilen.
Angekommen in Camaret-sur-Mer machten wir uns recht zügig auf den Weg an die Küste an die Pointe de Penhir. Die schroffe Küste ist aus nahezu jeder Perspektive faszinierend. Beim Blick auf die vorgelagerten Tas de Pois (dt. Erbseninseln) und die umliegenden Kaps bieten sich hunterte großartige Fotomotive - mit oder ohne dem Monument aux Bretons de la France Libre.
Die dritte Station machten wir in Saint-Malo im Nordwesten der Bretagne.
Saint-Malo ist bekannt für seinen ummauerten Stadtkern, der weit ins Meer hineinragt. Die mächtige Wehrmauer wurde zum Schutz vor Überfällen der Normannen im 12. Jahrundert errichtet. Die Stadt mit ihren 46.000 Einwohner/innen beheimatet außerdem den bedeutendsten Hafen an der bretonischen Nordküste. In der Bucht von Saint-Malo gibt es mit fast 12m Differenz einen der größten Gezeitenunterschiede Europas. Drei der vorgelagerten Inseln - darunter auch der Festungsbau Fort National - sind bei Niedrigwasser zu Fuß erreichbar.
Mont-Saint-Michel, Landungsstrände, La Cambe, Cabourg, Étretat
Auf dem Weg von der Bretagne in die Normandie stoppten wir an einem der wichtigsten Wahrzeichen Frankreichs, dem Mont-Saint-Michel. Auf einer felsigen Insel im Wattenmeer liegt die vollständig bebaute Insel kurz vor der Küste. Auf der kleinen Insel empfangen die 30 Einwohner/innen jährlich etwa 2,3 Millionen Touristen. Der Berg gehört seit 1979 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Über einen Steg gelangt man vom Eingang auf dem Festland zur Insel - entweder mit den Shuttlebussen oder zu Fuß in etwa 30 Minuten. Durch schmale Gassen, Treppen und Menschen bahnt man sich den Weg in die Klosteranlage auf der Spitze der 92m hohen Insel. Die Abtei Mont-Saint-Michel ist die eigentliche Sehenswürdigkeit. Im Rundgang durch die Abtei bekommt man die wichtigsten Räume des Klosters sowie das umliegende Wattenmeer zu sehen.
Ein ebenso beeindruckendes, wenn auch etwas anderes Zeugnis europäischer Geschichte findet sich zwei Autostunden weiter im Norden. Dort begann am 6. Juni 1944 die Landung der Alliierten in der Normandie - unter herben Verlusten. Die militärische Operation war sehr vielfältig. An mehreren Stellen, aus der Luft und über Wasser gelangten amerikanische und britische Truppen an die französische Küste, um den deutschen Atlantikwall zu überwinden. Deshalb gibt es auch mehrere Gedenkstätten, die man hier besuchen kann. Der wohl bekanntesten Ort ist Omaha Beach in Colleville-sur-Mer. Dort findet sich neben dem Denkmal direkt am Strand auch der Cimetière Américain de Normandie. In La Cambe befindet sich sozusagen das Gegenstück. Auf dem Cimetière Militaire Allemand sind 21.400 deutsche Soldaten begraben.
Die elfte und letzte Unterkunft unserer "Tour de France" bezogen wir in Dives-sur-Mer. Dieses Städtchen ist nur durch den Fluss Dives vom deutlich bekannteren Seebad Cabourg getrennt. Die unzähligen Villen, das Casino und das Grand Hôtel aus dem Jahr 1908 gehören zu den am besten erhaltenen Bauwerken aus der Belle Époque. Cabourg wirkt deshalb auch irgendwie aus der Zeit gefallen und erinnert stark an ein Bild der Goldenen Zwanziger.
Vor der Rückkehr nach Deutschland statteten wir noch einem weiteren Seebad einen Besuch ab. Vorbei an Le Havre fuhren wir nach Étretat. Die eigentliche Sehenswürdigkeit ist jedoch nicht die Stadt, sondern die imposanten Klippen mit ihren kreativen Felsformationen.
Vom Kiesstrand gelangt man an beiden Seiten der Strandpromenade hinauf auf die Steilküsten. Dort führen Wanderwege und Trampelpfade an der Küste entlang. Gerade an den kleinen Pfaden an den Rand der Klippen darf man nicht ganz schwindelfrei sein. Wem das nicht geheuer ist, der kann die Klippen vom Kiesstrand aus von unten betrachten.
Die Corona-Pandemie stellte besondere Herausforderungen an all die Menschen, für die das Reisen zum festen Bestandteil des Jahresablaufs gehört. Viele Reisen wurden abgesagt oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Und bei der Planung war der Blick auf die Internetseite des Robert-Koch-Instituts plötzlich wichtiger als auf die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Mit den vier Wochen in Frankreich gehört man da - trotz gefühlter Entbehrungen - sicherlich zu den Glücklichen. Andererseits wäre Frankreich ohne Corona vermutlich nicht auf der Shortlist gelandet. Und das wäre im Nahhinein betrachtet ein echter Verlust gewesen.
Wichtig ist in jedem Fall, sich über die eigene Mobilität Gedanken zu machen. Gerade in den ländlichen Gegenden, wie beispielsweise in der Region rund um Lourmarin, ist es mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht allzu weit her. Ob es ohne Auto möglich gewesen wäre, hier so viel herumzukommen, ist eher fraglich. Hier müsste man ohne Auto auf jeden Fall gut planen und mehr Zeit mitbringen.
Frankreich hat sich als großartiges Reiseland erwiesen. Das Land ist wahnsinnige vielfältig. Mit dem Atlantik und dem Mittelmeer, den Alpen und der Pyrenäen, der ländlichen Gegenden und den Metropolen kann sich hier wirklich jeder eine passende Reiseroute zusammenflicken. Am Ende reichen auch vier Wochen lange nicht aus, um alles zu sehen. Man könnte dieselbe Tour noch einmal machen, mit dem Elsass, dem Burgund, der Champagne, dem Loiretal. Mit mehr Zeit am Ozean, auf der Île de Ré, in den Pyrenäen, in Andorra oder mit der Fähre nach Korsika. Und dann war man immer noch nicht in Paris. Wenn uns Corona also weitere Einschränkungen beschert, hätte ich da einen Idee für 2021.