Bolivien und Chile

Oktober 2013 // Die vermutlich beeindruckendste Reise meines Lebens begann in La Paz, Bolivien. Nach 30 Stunden Anreise und einer Landung auf 4.200m Höhe auf dem internationalen Flughafen von El Alto bekam ich schon mal eine erste Ahnung davon, dass die Höhe nicht spurlos an einem vorbeigeht. Eins sei vorab erwähnt: Ich würde es jederzeit wieder machen. Beim nächsten mal würde ich mich aber langsam in diese Höhe vorarbeiten, wie z.B. über Peru.


La Paz

Die Stadt La Paz liegt in einem Talkessel auf ca. 3.700m Höhe über dem Meeresspiegel. Viele Sehenswürdigkeiten gibt es in der Stadt nicht, aber der Gesamteindruck ist unglaublich. Fernab deutscher Bauvorschriften erstreckt sich die Stadt soweit das Auge reicht, lediglich begrenzt von einigen Bergen jenseits der 5.000m.

In den Straßen spielt sich das eigentliche Leben ab. Die größeren Straßen gleichen einem einzigen Markt. Zu Kaufen gibt es alles, was man so zum Leben braucht. Daneben finden sich aber auch ein paar Kuriositäten. Typisch für Bolivien sind u.a. tote Lamas, die zumeist in der Nacht geboren und im kalten Hochland direkt erfroren sind. Sie gelten als Glückbringer und werden z.B. in das Fundament von Neubauten eingemauert. Für Europäer ungewöhnlich ist auch die Vielfalt Produkten aus Coca-Blättern. Die Dosis betäubender Substanzen ist sehr gering. Man braucht sich bei Coca-Tee zum Frühstück also keine Sorgen zu machen. Trotzdem ist es nicht gestattet, Coca-Produkte mit ins Ausland zu nehmen - Vorsicht also bei der Weiterreise! Unverfänglichere Mitbringsel sind Kleider aus Alpaca-Wolle oder kleine Götterfiguren aus Stein.

Rund um La Paz gibt es weitere interessante Ziele. Zwei absolute Empfehlungen findet Ihr hier:

Camino de la muerte

El Camino de la muerte (dt. Todesstraße) oder auch "Yungas-Straße" ist über 60km lang und verbindet das Andenhochland mit der Stadt Coroico. In den 1930er Jahren wurde die Straße gebaut und forderte seither unzählige Todesopfer. Seit 2006 gibt es eine alternative Route und die alte Yungas-Straße wird nur noch wenig befahren. Beliebter ist die Strecke mittlerweile bei Mountainbikern. Einige Anbieter bieten geführte Touren an. Es gibt dabei durchaus Unterschiede bei der Ausbildung der Guides sowie beim Equipment. Angesichts der 3.500 Höhenmetern und des Linksfahrgebots entlang des Abgrunds sollte man hier aber nicht am falschen Ende sparen. Gute Erfahrungen haben wir mit dem Anbieter Gravity Bolivia gemacht.

Titicaca-See

Der Titicaca-See ist der größte See Südamerikas und liegt zwischen Peru und Bolivien. Er befindet sich auf der Altiplano-Hochebene in den Anden und ist damit das höchstgelegene schiffbare Binnegewässer der Welt. Die größte Insel im See ist die Isla del Sol (dt. Sonneninsel), die auch bereist werden kann. Besondere Sehenswürdigkeiten sind die Bauten, Terassen, Treppen und Pfade der Inka. Von Copacabana aus verkehren regelmäßig Fähren und Ausflugschiffe.

Die Infrastruktur der Insel ist sehr sporadisch. Man findet einige Restaurants, die nicht mit Strom versorgt sind. Außerdem gibt es keine Wasserversorgung im herkömmlichen Sinn. Wasser wird in Kanistern mit Eseln zu den Häusern und Hostels transportiert.



Salar de Uyuni

Der Salar de Uyuni ist die größte "Salzpfanne" der Erde. Die Salzkruste entstand vor über 10.000 Jahren durch das Austrocknen eines Sees. Die Tour zum Salar de Uyuni ist absoluter Pflichtbestandteil einer jeden Bolivien-Reise.

Der See hat eine Fläche von über 10.000 Quadratkilometern. Äußerlich wirkt er, als sei er zugefroren. Allerdings handelt es sich nicht um Eis, sondern um eine bis zu 30m dicke Salzkruste. Während der Regenzeit kann die Salzschicht an einzelnen Stellen mit mehreren Zentimetern Wasser bedeckt sein und bildet damit einen gigantischen Spiegel. Etwa von Ende Juni bis zum Beginn der Regenzeit Anfang Dezember ist der Salar jedoch trocken.

Mehrtägige, geführte Jeep-Touren können teilweise schon in La Paz gebucht werden. In Uyuni bieten weitere Anbieter verschiedene Varianten der Tour an, die entweder zurück nach Uyuni oder nach San Pedro de Atacama in Chile führen. Bereits der Weg nach Uyuni ist ein echtes Erlebnis, wenn man anstatt der Fernbusse einen der wenigen Züge ab Oruro erwischt. Diese Züge fahren nur wenige Male pro Woche. Es lohnt sich jedoch, die Reiseplanung danach auszurichten.

Wir hatten uns für eine Tour mit zwei Übernachtungen entschieden, die in Uyuni startet und in San Pedro de Atacama endet. Man kann könnte allerdings auch in die andere Richtung, also von Chile nach Bolivien reisen. Neben verschiedenen Lagunen, Geysiren, heißen Quellen und Gesteinsformationen sind insbesondere die Alpacas und Flamingos die heinlichen Stars der Tour. Ebenfalls beeindruckend ist die Übernachtung in den Hostels mitten in der Wüste, die teilweise komplett aus Salz erbaut sind.

Nach dem Grenzübertritt wird man direkt beim chilenischen Zoll abgeladen und darf sich zunächst den Einreisemodalitäten widmen. Je nach Laune erfolgt die Begutachtung des Gepäcks mehr oder weniger gründlich. Spätestens an dieser Stelle sollte man sich jedoch der Coca-Erzeugnisse aus Bolivien entledigt haben.

Die Zeit in San Pedro de Atacama war planmäßig recht unspektakulär. Nach einigen Tagen in Bolivien auf einer durchschnittlichen Höhe von 3.800m war die Rückkehr in niedrigere Gefilde spürbar erholsam. San Pedro ist ein nettes Dörfchen in der Wüste, das bei Aussteigern und Travellern sehr beliebt ist. Aufgrund der Lage im Grenzgebiet und der Möglichkeit, zu verschiedenen Touren aufzubrechen, ist es vergleichsweise etwas touristisch. Es bietet aber auch die Möglichkeit, ein paar Tage zu entspannen und sich auf die weitere Reise vorzubereiten.

Unsere Weiterreise führte und nach Süden in Richtung der chilenischen Hauptstadt. Nächste Station war La Serena an der Pazifikküste und damit endgültig weg aus dem Hochgebirge der Anden.


La Serena

Ohne irgendeinen Reiseführer studiert zu haben, hatten wir eigentlich geplant, den größten Teil der Reise im Norden Chiles zu verbringen. Allerdings bestätigte sich mehr und mehr die Erkenntnis, dass es dort gar nicht allzu viel zu sehen gibt. Diese neu gewonnene Freizeit verbrachten wir stattdessen in Bolivien. Gute Entscheidung. Aber natürlich gibt es auch in Chile spannende Spots. Der erste unserer Liste erwartete uns schlappe 17 Stunden Busfahrt entfernt von San Pedro in La Serena. Die Stadt hat ca. 210.000 Einwohner und ist vor allem aufgrund ihres Kolonialstils sehenswert.

In La Serena lässt es sich sicherlich ein wenig aushalten. Aber es lohnt sich auch ein Blick ins Umland.

Humboldt Reservat

Wenige Kilometer nördlich befindet sich verteilt auf mehrere Inseln das "Pingüino de Humboldt National Reserve". Neben den Humboldt-Pinguinen gibt es dort u.a. Seelöwen, Vögel, Otter und mit Glück auch ein paar Delfine zu sehen. In La Serena kann man entsprechende Touren buchen. Die Inseln dürfen teilweise jedoch nicht betreten werden.

Valle del Elqui

Das "Valle del Elqui" liegt im Hinterland von La Serena. Aufgrund der geografischen Voraussetzungen ist es dort das ganze Jahr über sehr warm. Auch aus diesem Grund hat sich die Gegend zu einem der größten chilenischen Weinanbaugebiete entwickelt, das neben seinen Weinen auch für das Nationaklgetränk Pisco berühmt ist.



Valparaiso

Valparaiso beheimatet neben ca. 280.000 Einwohnern auch den chilenischen Kongress. Die Stadt liegt an einer nach Norden offenen Bucht zum Pazifischen Ozean. Der Hafen ist einer der bedeutendsten Südamerikas.

Das Stadtbild ist geprägt von den Cerros (dt. Hügel), die auch im Sinne von Stadtviertel verwendet werden. Aufgrund dieser geografischen Besonderheit entstanden über die Jahre hinweg auch 16 sogenannter Ascensores. Dabei handelt es sich um Aufzüge bzw. Standseilbahnen, die auf die wichtigsten Hügel der Stadt führen. Leider sind nicht alle davon in Betrieb. Nachdem wir den dritten stillstehenden Aufzug erreicht hatten, der laut der gängigen Reiseführer eigentlich hätte laufen müssen, haben wir uns mit der Außenansicht begnügt.

Valparaiso ist die kulturelle und küstlerische Hauptstadt des Landes. Das zeigt sich nicht zuletzt an den bemalten Fassaden. Die ganze Stadt ist eine einzige Galerie und es gibt nahezu keine grauen Flecken. Diese Kreativität zeigt sich auch bei den vielen Künstlern und Kunsthandwerkern, die sich insbesondere in den Vierteln Cerro Alegre und Cerro Concepción entwickelt haben. Hier gibt es auch viele Cafés, Kneipen und Restaurants.

Im Juli 2003 wurde der historische Stadtkern aufgrund seiner Architektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert von der UNESCO zum Weltkulturabend erklärt.


Santiago de Chile

Santiago de Chile (kurz: Santiago) ist unbestritten das Zentrum Chiles: geografisch, hinsichtlich Größe, Einwohnerzahl, Wirtschaft und Verkehr. Die 6,5 Miollionen Einwohner arbeiten in den bedeutendsten Unternehmen Chiles, die in Santiago ihren Sitz haben. Dadurch ist auch meine persönliche Erinnerung an die Stadt geprägt: Arbeits- und Wohnraum ohne Ende. Ansonsten wenig Aufregendes, was vielleicht aber auch daran liegen könnte, dass wir aufgrund des anstehenden Rückflugs nur anderthalb Tage Zeit hatten. Im Nachhinein habe ich das Gefühl, wirklich nur einen Bruchteil von Santiago gesehen zu haben. Lasst Euch also von meinem oberflächlichen Eindruck nicht irritieren.

Die historische Altstadt mit dem Präsidentenpalast, den Theatern, Museen, Kirchen und belebten Einkaufsstraßen lässt sich bei einem ausgedehnten Spaziergang erkunden. Außerhalb der Rush Hour ist das auch ganz entspannt möglich. Für einen Gesamtüberblick empfiehlt sich die Fahrt mit der Zahnradbahn auf den Cerro San Cristobal. Die Aussicht ist absolut beeindruckend die Parkanlage auf dem Cerro ist ebenso sehenswert.


Nach knapp drei Wochen beendeten wir die Reise durch Bolivien und den Norden Chiles in der chilenischen Hauptstadt. Die beeindruckendsten Bilder und Erinnerungen stammen fraglos aus Bolivien, weshalb wir den Schwerpunkt der Reiseroute entgegen der ursprünglichen Planung auch sukzessive dorthin verlagert hatten. Beim nächsten Besuch in Chile würde ich dann die Reise ab Santiago in Richtung Süden ins Auge fassen.